Versuchter Mord durch Schüsse auf Polizisten – staatsfeindliche Tatmotivation als sonst niedriger Beweggrund

Wegen Mordes wird gemäß § 211 StGB mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft, wer einen Menschen tötet und dabei eins der im Gesetz abschließend aufgezählten Mordmerkmale verwirklicht: In diesem Beitrag wollen wir uns dem Mordmerkmal der Tötung aus sonst niedrigen Beweggründen widmen. Sonst niedrige Beweggründe sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs alle Tatantriebe, die nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verwerflich, ja verachtenswert sind. Ob ein Tötungsgrund im konkreten Fall „auf tiefster Stufe“ steht, ist häufig Gegenstand von gerichtlichen Urteilen. Erst neulich musste sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen seines Beschlusses vom 26. November 2024...

Ex-Kanzlerin Merkel auf Facebook als „dumme Schlampe“ bezeichnet – hängt die Strafbarkeit von der Reichweite des Beitrags ab?

Wir haben uns bereits im letzten Beitrag mit der Abgrenzung zwischen strafbarer Beleidigung gemäß § 185 StGB und zulässiger Meinungsäußerung beschäftigt. Während es dort um Äußerungen gegenüber Polizeibeamten im direkten persönlichen Kontakt ging, steht heute ein anderer Aspekt im Fokus: die Beleidigung von Politikern in sozialen Netzwerken. Gerade im digitalen Raum sind öffentliche Anfeindungen gegen Amtsträger weit verbreitet, weshalb der Gesetzgeber mit § 188 StGB einen besonderen Schutz für Personen des politischen Lebens geschaffen hat. Der § 188 Abs. 1 StGB lautet wie folgt: „(1) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder...

„Seids ihr no ganz dicht?“ – strafbare Beleidigung oder straflose Polizeikritik?

Die Meinungsfreiheit ist ein sehr zentrales Grundrecht, doch sie findet ihre Grenzen dort, wo Äußerungen in Ehrverletzungen übergehen. Besonders im Strafrecht stellt sich immer wieder die Frage, wann eine kritische oder provokante Aussage noch zulässige Meinungsäußerung ist und wann sie eine strafbare Beleidigung gemäß § 185 StGB darstellt. Dies gilt insbesondere für Aussagen gegenüber Amtsträgern wie Polizeibeamten, die sich in ihrem Dienst regelmäßig mit verbalen Anfeindungen konfrontiert sehen. Erst jüngst musste sich das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) in seinem Beschluss vom 14. Oktober 2024 (Az.: 206 StRR 343/24) mit genau dieser Abgrenzung befassen. In dem konkreten Fall ging es um...

K.O.-Tropfen stellen kein gefährliches Werkzeug dar

Der Begriff des gefährlichen Werkzeugs taucht im Strafgesetzbuch an verschiedenen Stellen auf, z.B. bei der gefährlichen Körperverletzung (§ 224 StGB), dem schweren Raub (§ 250 StGB) oder bei dem sexuellen Übergriff, der sexuellen Nötigung und der Vergewaltigung (§ 177 StGB). Die Frage, wann ein gefährliches Werkzeug im Sinne der jeweiligen Norm vorliegt, ist wichtig, da sich bei Vorliegen eines gefährlichen Werkzeugs der Strafrahmen erhöht. Der Begriff des gefährlichen Werkzeugs wird daher vielfach diskutiert und ist häufig Gegenstand von Gerichtsurteilen. So musste sich jüngst der Bundesgerichtshof (BGH) im Rahmen seines Beschlusses vom 8. Oktober 2024 (5 StR 382/24) mit der Frage beschäftigen,...

Urkundenfälschung durch Signieren mit dem Namen einer nicht existenten Person

Mit dem folgenden Fall setzte sich das Bayerische Oberlandesgericht am 13. Juni 2024 (202 StRR 15/24) auseinander: Dem Angeklagten wurde mit Anklageschrift zur Last gelegt, zur Erlangung unberechtigter Provisionen über seinen Mittäter zwei Anträge auf Abschluss von Erwerbsunfähigkeitsversicherungen eingereicht zu haben. Hierbei trug er in den Anträgen als versicherte Personen jeweils tatsächlich nicht existierende Personen mit Vor- und Familiennamen und allen erforderlichen weiteren, gleichermaßen frei erfundenen Personendaten in das Antragsformular ein. Die Anträge unterzeichnete der Angeklagte anschließend eigenhändig mit Namenszügen dieser nicht existierenden Personen.  Das Landgericht Coburg nahm einen versuchten Betrug und eine tateinheitlich verwirklichte Urkundenfälschung in der Tatvariante des...

Beendigung eines Kapitalanlagebetrugs gemäß § 264a StGB

Ein Kapitalanlagebetrug gemäß § 264a StGB ist beendet, wenn die Prospekte einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht wurden.  Zum Sachverhalt Das Landgericht Göttingen hat den Angeklagten wegen versuchten Betruges in Tateinheit mit Kapitalanlagebetrug verurteilt. Dagegen legte der Angeklagte Revision ein, welche teilweise Erfolg hatte. Beschluss des BGH vom 27.06.2024 – 6 StR 16/24 (LG Göttingen) Die tateinheitliche Verurteilung wegen Kapitalanlagebetrugs hielt der Revision nicht stand. Bei Verkündung des angefochtenen Urteils war die absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren bzgl. des Kapitalanlagebetrugs abgelaufen (§ 78c Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB). Ausschlaggebend für den Fristbeginn ist der...

Voraussetzung zur konkludenten Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses, §§ 77 ff., 248a StGB

Die konkludente Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses setzt eine Prozesshandlung voraus, aus welcher der Verfolgungswille bezüglich des Antragsdelikts hinreichend deutlich wird. Zum Sachverhalt Der Angeklagte wurde wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Diebstahl durch das Landgericht Köln verurteilt. Die Revision des Angeklagten verzeichnete einen Teilerfolg. Zum Beschluss des BGH vom 17.07.2024 – 2 StR 218/24 (LG Köln) Die tateinheitliche Verurteilung wegen Diebstahls hielt der Revision nicht stand, da kein Strafantrag gestellt wurde oder das besondere öffentliche Interesse durch die Staatsanwaltschaft (oder den Generalbundesanwalt) bejaht wurde. Es lag ein von Amts wegen zu berücksichtigendes Verfahrenshindernis vor. Die Strafkammer vertrat die Ansicht,...