Hochverdächtig 3/3

Dies ist der dritte und letzte Teil eines kleinen Lernbeitrags zum Strafprozessrecht.

Das Strafprozessrecht unterscheidet drei verschiedene Verdachtsgrade, nämlich

Man stelle sich den Verdacht erneut als einen Strahl vor, der bei bei 0 % beginnt und bei 100 % endet, wobei 0 % für “der Beschuldigte ist völlig unverdächtig” und 100 % für “der Beschuldigte ist sicher der Täter” steht. Ziemlich weit rechts, ungefähr bei 90 %, liegt

3. Der dringende Tatverdacht

Der dringende Tatverdacht liegt vor, wenn

nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Beschuldigte eine Straftat begangen hat.

Der dringende Tatverdacht ist also ein hoher Verdacht.

Er ist einer von drei materiellen Voraussetzungen zur Anordnung der Untersuchungshaft gegen den Beschuldigten nach § 112 Abs. 1 S. 1 StPO (die anderen beiden sind ein Haftgrund nach § 112 Abs. 2 StPO und die Verhältnismäßigkeit nach § 112 Abs. 1 S. 2 StPO.)

In der StPO liest sich das so:

Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund besteht.

Im Gegensatz zum Anfangsverdacht und zum hinreichenden Tatverdacht, die nur an bestimmten Punkten im Strafverfahren vorliegen müssen, muss der dringende Tatverdacht, wenn denn Untersuchungshaft unbedingt vollstreckt werden soll, auch ständig vorliegen und kann grundsätzlich regelmäßig überprüft werden.

Über die Anordnung der Untersuchungshaft § 114 StPO und somit auch darüber, ob ein dringender Tatverdacht besteht, entscheidet der Haftrichter.

Der Haftrichter entscheidet bei einer Haftprüfung, § 117 StPO auch über die Aufhebung des Haftbefehls oder dessen Außervollzugsetzung nach § 116 StPO. Häufig geht es in diesen Terminen jedoch – auch wenn es grundsätzlich möglich ist – nicht um den dringenden Tatverdacht, sondern lediglich um das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines Haftgrundes.

Abschließend folgt eine schematische Zusammenfassung des Lernbeitrags zu den Verdachtsgraden:

a. Man unterscheidet:

  1. Anfangsverdacht
  2. hinreichender Tatverdacht
  3. dringender Tatverdacht

b. Die Verdachtsgrade sind Voraussetzung für

  1. Anfangsverdacht: die Einleitung des Ermittlungsverfahrens
  2. hinreichender Tatverdacht: Die Erhebung der öffentlichen Klage UND die Eröffnung des Hauptverfahrens
  3. drigender Tatverdacht: die Anordnung von Untersuchungshaft

c. Die einzelnen Verdachtsgrade müssen daher vorliegen

  1. Anfangsverdacht: zum Zeitpunkt der Einleitung des Ermittlungsverfahrens
  2. hinreichender Tatverdacht: am Ende des Vorverfahrens UND am Ende des Zwischenverfahrens
  3. dringender Tatverdacht: stets zum gegenwärtigen Stand des Ermittlungsverfahrens

d. Ob der entsprechende Verdachtsgrad vorliegt, entscheidet

  1. Anfangsverdacht: der Staatsanwalt
  2. hinreichender Tatverdacht: der Staatsanwalt (Klageerhebung) UND der Richter (Eröffnung des Hauptverfahrens)
  3. dringender Tatverdacht: der Haftrichter

e. Die Verdachtsgrade sind definiert als

  1. Anfangsverdacht: zureichend tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat
  2. hinreichender Tatverdacht: die Verurteilung des Täters ist wahrscheinlicher als ein Freispruch
  3. dringender Tatverdacht: Nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen besteht eine große Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Beschuldigte eine Straftat begangen hat

Mit diesem Beitrag ist die kleine Reihe zu den Verdachtsgraden im Strafprozess beendet. Wenn ihr Anmerkungen oder Hinweise habt, würde ich mich über einen Kommentar freuen.

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Eine Antwort

  1. Book of Ra online sagt:

    Danke für den tollen Beitrag und viele liebe Grüße aus Bremen 🙂

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