Verschlagwortet: StGB

Die Rechtswidrigkeit der erstrebten Bereicherung bei der räuberischen Erpressung gemäß §§ 253, 255 StGB

Sowohl in der Praxis als auch in der juristischen Ausbildung spielt der Tatbestand der räuberischen Erpressung gemäß §§ 253, 255 StGB eine wichtige Rolle. In dem Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 06. Dezember 2022 (2 StR 223/22) ging es darum, dass das Landgericht Hanau die Angeklagten unter anderem wegen versuchter räuberischer Erpressung verurteilt hatte. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten hatte vor dem BGH Erfolg. Nach Auffassung der Karlsruher Richter wird die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten haben in rechtswidriger Bereicherung gehandelt, von den Feststellungen nicht getragen. Der BGH führte insoweit zunächst aus, dass...

Kann ein Totschlag durch Notwehr (§ 32 StGB) gerechtfertigt sein?

Die Notwehr gemäß § 32 StGB ist sowohl in strafrechtlichen Klausuren als auch in der Praxis relevant. Der § 32 Abs. 1 StGB lautet wie folgt: „(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.“ Gemäß § 32 Abs. 2 StGB ist Notwehr die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden. Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigte sich jüngst in seinem Beschluss vom 07. Januar 2025 (2 StR 530/24) mit der Notwehr. Konkret lag dem Beschluss folgender Sachverhalt zugrunde: Nach den Feststellungen des Landgerichts Köln lebte der Angeklagte zusammen mit...

Das Mordmerkmal der sonst niedrigen Beweggründe im Sinne von § 211 Abs. 2,Gruppe 1, Variante 4 StGB

Dem Beschluss des Bundesgerichthofs (2 StR 79/23) vom 12. Oktober 2023 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Dem Angeklagten wurde vor 10 bis 15 Jahren ein Kilogramm Kokain entwendet. Er schwor, sich bei dem Dieb zu rächen, indem er diesen erschießen werde, wenn er ihm bekannt werden würde. Er unternahm jedoch keine Bemühungen, dessen Identität festzustellen. Zu einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt gelangte es dem Angeklagten zu der Überzeugung, dass der Nebenkläger der Drogendieb war, und beschloss, diesen zu erschießen. Zum Zeitpunkt des Entschlusses und der Tatausführung litt der Angeklagte, infolge eines Schlaganfalls, unter einem hirnorganischen Psychosyndrom. Nach Maßgabe seines Tatplans begab...

Zur relativen Fahruntüchtigkeit

Die Straßenverkehrsdelikte (§§ 315 ff. StGB) beschäftigen sowohl Praktiker als auch Studierende immer wieder. Auch der Bundesgerichtshof beschäftigte sich jüngst in seinem Beschluss (4 StR 526/24) vom 26. Februar 2025 mit den Straßenverkehrsdelikten, konkret mit dem Tatbestandsmerkmal der relativen Fahruntüchtigkeit. Folgender Sachverhalt lag dem Beschluss zugrunde: Nach den Feststellungen des Landgerichts Münster befuhr der Angeklagte, der am Abend Alkohol getrunken und höchstens zwei Tage zuvor Marihuana konsumiert hatte, mit seinem Pkw nachts eine Landstraße. Er wies eine Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,72 Promille und höchstens 1,35 Promille auf, außerdem enthielt sein Blut mindestens 1,6 ng/ml THC. In einer Rechtskurve, in der...

Tödliches Überholmanöver? Wie ein Strafverteidiger die Verurteilung eines Traktorfahrers wegen fahrlässiger Tötung verhindern konnte

Die Strafverteidigung spielt in einem rechtsstaatlichen Verfahren eine große Rolle. In Deutschland hat daher jeder Beschuldigte gemäß § 137 Strafprozessordnung (StPO) das Recht, sich in jeder Lage des Verfahrens der Hilfe eines Rechtsanwalts als Verteidiger zu bedienen. Dieser Verteidiger kann dann z.B. Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen, schriftliche Einlassungen an die Staatsanwaltschaft oder das Gericht übersenden, Beweisanträge stellen und sich in einer Hauptverhandlung für den Beschuldigten einsetzen.  Wie wichtig die Beteiligung eines Strafverteidigers an einem Strafverfahren sein kann, zeigt ein Urteil des Amtsgerichts Segeberg vom 27. Juni 2024 (Az.: 40 Ds563 Js 56620/22). In dem Verfahren ging es um einen...

Ist der gemeinsame Angriff auf zwei Transportfahrer immer gleich eine gemeinschaftlich begangene Körperverletzung im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB?

Gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wer die Körperverletzung mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begeht. Jüngst musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Frage beschäftigen, ob eine gemeinschaftliche Körperverletzung vorlag. Der Entscheidung vom 31. Juli 2024 (2 StR 44/24) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der gesondert Verfolgte L hatte Informationen über eine Firma, die Warentransporte mit dem Schwerpunkt Schmuckwaren durchführte, erhalten. Er fasste den Entschluss, die Fahrer eines solchen Warentransporters beim Entladen des Transportfahrzeugs mit Schusswaffen zu überfallen, um die transportierten Schmuckteile und Edelmetalle zu entwenden und anschließend...

Den eigenen Anwalt beleidigt? BVerfG hebt Urteil aufgrund „vollständigen Abwägungsausfalls“ der Strafgerichte auf

Beleidigungen können schnell ausgesprochen sein – sei es aus Wut, Frustration oder im Eifer des Gefechts. In einem solchen Fall droht dem Äußernden ein Strafverfahren und eine Verurteilung wegen Beleidigung gemäß § 185 Strafgesetzbuch (StGB). Es kann dann zu einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe kommen. Bei einer Beleidigung im Sinne des § 185 StGB handelt es sich um einen Angriff auf die Ehre eines anderen durch die Kundgabe eigener Missachtung oder Nichtachtung. Allerdings erfüllt nicht jede Äußerung mit ehrverletzendem Charakter den Straftatbestand der Beleidigung. Es muss vielmehr grundsätzlich eine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Äußernden aus Art....