Kategorie: Urteil- und Entscheidungsbesprechung

Urteile z.B. zum Diebstahl (§ 242 StGB), Urkundenfälschung (§ 267 StGB), Betrug (§ 263 StGB, Körperverletzung (§ 223 StGB), Kinderpornografie (§ 184b StGB) und andere Entscheidungen werden dargestellt und erläutert.

Zum falschen Schlüssel im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB

Der Bundesgerichtshof (BGH) setzte sich in seinem Beschluss vom 18. November 2020 (4 StR 35/20) mit den Anforderungen an den falschen Schlüssel im Sinne von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB auseinander. Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach den Feststellungen des Landgerichts Essen entnahm der Angeklagte aus dem Schlüsselkasten seiner Lebensgefährtin einen Schlüssel für die Wohnung der Eltern des früheren Ehemanns der Lebensgefährtin. Diesen Schlüssel hatte die Lebensgefährtin des Angeklagten entweder von dem ehemaligen Schwiegereltern oder von ihrem geschiedenen Ehemann erhalten, von dem sie sich im Juni 2015 trennte. Die ehemalige Schwiegereltern hatten vergessen, dass die ehemalige Schwiegertochter...

BGH zur affektbedingten Strafmilderung bei einem Totschlag im minder schweren Fall (§ 213 StGB)

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss (1 StR 537/24) vom 4. Februar 2025 den Strafausspruch gegen einen Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung aufgehoben. Zuvor hatte das Landgericht Stuttgart einen minder schweren Fall nach § 213 Alt. 1 StGB abgelehnt – laut dem BGH unter Verkennung des rechtlichen Maßstabs. Dem Urteil lag eine wechselseitige Eskalation zwischen zwei rivalisierenden Gruppierungen zugrunde. Im Anschluss an einen Sprengstoffanschlag, bei dem 15 Personen verletzt wurden, hatte sich der Angeklagte an einer gewaltsamen Attacke auf den mutmaßlichen Täter beteiligt, wobei dieser schwer verletzt wurde. Das Landgericht verneinte einen minder schweren Fall nach...

Strafbarkeit nach dem Aufenthaltsgesetz bei Untätigkeit der Ausländerbehörde

Der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigte sich in seinem Beschluss (2 StR 171/25) vom 24. April 2025 mit folgendem Sachverhalt: Nach den Feststellungen des Landgerichts Frankfurt am Main wurde der Angeklagte rechtskräftig mit Verfügung des Regierungspräsidiums aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Mit gleicher Verfügung wurde gegen ihn gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG in der Fassung vom 15. August 2019 ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für die Dauer von drei Jahren festgesetzt. Die Zustellung der Ausweisungsverfügung an den Angeklagten erfolgte in der Justizvollzugsanstalt, in der er sich in Untersuchungshaft befand. Entlassen wurde er, nachdem ihn das Amtsgericht zu einer Freiheitsstrafe von...

Genitalvergrößerung mit Folgen– Verfahren wegen Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB)

In seinem Beschluss (3 StR 61/24) vom 19. März 2024 setzte sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Körperverletzung mit Todesfolge und der unerlaubten Ausübung der Heilkunde auseinander. Konkret war folgender Sachverhalt Gegenstand des Beschlusses: Das Landgericht Wuppertal stellte fest, dass der 1987 geborene Geschädigte unter einer erheblichen Beeinträchtigung seines Selbstwertgefühls litt. Seine geringe Selbstachtung kompensierte er seit vielen Jahren durch intensives Bodybuilding unter massivem Einsatz von Anabolika. Dadurch erreichte er die Statur eines Extremkraftsportlers. Nun erachtete er seinen Penis und seine Hoden als zu klein und entschloss sich daher zu einer „Genitalmodifikation“ in Form einer starken Vergrößerung seiner äußeren Geschlechtsorgane...

Verbotenes Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge zum § 315d StGB

Das Führen eines Kraftfahrzeugs mit überhöhter Geschwindigkeit kann schwerwiegende rechtliche Konsequenzen haben. Der Bundesgerichtshof (BGH) setzte sich in seinem Beschluss (4 StR 132/23) vom 13. September 2023 mit dem verbotenen Kraftfahrzeugrennen (§ 315d StGB) auseinander. Folgender Sachverhalt lag dem Beschluss zugrunde: Nach den Feststellungen des Landgerichts Neuruppin befuhr der Angeklagte, nachdem er auf einer Feier alkoholische Getränke konsumiert hatte, mit einem hochmotorisierten Pkw eine Landstraße. Um seinem Beifahrer das Leistungsvermögen des Fahrzeugs zu demonstrieren, fuhr er mit weit überhöhter Geschwindigkeit. Bei Annäherung an eine Kurve bremste er kurz ab und gab dann aus „nicht näher aufklärbaren Gründen, am ehesten als...

Störsender beim Entwenden von Fahrzeugen eingesetzt – Zum besonders schweren Fall des Diebstahls gemäß § 243 StGB

In seinem Beschluss (3 StR 349/17) vom 17. Oktober 2024 setzte sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem besonders schweren Fall des Diebstahls gemäß § 243 StGB auseinander. Nach den Feststellungen des Landgerichts Düsseldorf entwendete der Angeklagte Gegenstände aus Fahrzeugen, nachdem er in Parkhäusern abgewartet hatte, bis die Geschädigten ihr Fahrzeug geparkt und nach dem Aussteigen eine Funkfernbedienung betätigt hatten, um es zu verriegeln. Dem Angeklagten gelang es jeweils mittels eines Störsenders, den Schließmechanismus des Fahrzeugs so zu stören bzw. zu manipulieren, dass es entweder nicht verschlossen oder – von dem Geschädigten unbemerkt – wieder geöffnet wurde. Das LG nahm das...

Unterernährtes Kind – Zur gemeinschaftlich begangenen gefährlichen Körperverletzung durch Unterlassen

Die gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB setzt voraus, dass der Täter mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich die Körperverletzung begeht. Mit der Frage, ob der Qualifikationstatbestand auch bei einem Unterlassen durch zwei Garanten erfüllt ist, setzte sich der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Beschluss (2 StR 459/21) vom 17. Januar 2023 auseinander. Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Nach den Feststellungen des Landgerichts Darmstadt richteten die Angeklagten F. und A. ihren Alltag nach der Geburt ihres gemeinsamen Kindes nicht nach dessen Bedürfnissen aus, sondern nur nach ihren eigenen Interessen. Unter anderem machten sie Ausflüge, Wanderungen und Fernreisen....