Die Beratung des Einzelrichters

Neues aus der Kategorie „Skurrile Gesetzesauslegung“:

Bei der Lektüre des im übrigen sehr schönen StPO-Lehrbuchs von Schroeder (ich habe eine alte Auflage, die neueste hat schon einen Co-Autoren..) stieß ich auf das, äh, „Problem“, dass § 260 Abs. 1 StPO vorschreibt:

Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

Die meisten Urteile werden jedoch vom Einzelrichter verkündet. Muss sich der auch beraten? „Selbstverständlich“, sagt Schroeder, und argumentiert:

Ist die Bestimmung des § 260 Abs. 1 StPO mit ihrem Erfordernis einer „Beratung“ unpräzise gefasst, weil sie für die zahlreichen Hauptverhandlungen vor dem Einzelrichter gar nicht gelten kann? Überzeugender erscheint es, den Begriff der „Beratung“ nicht formell als Diskussion unter mehreren Beteiligten, sondern materiell als Gewinnung des Urteils durch Würdigung der Beweise, Subsumierung des Sachverhalts und die die einschlägige Strafvorschrift und Zumessung der Strafe aufzufassen. Bei einer solchen Betrachtung ist eine „Beratung“ auch beim Einzelrichter erforderlich. Sie spielt sich hier allerdings im Inneren des Einzelrichters selbst ab. „Der Einzelrichter berät nur mit sich selbst“ (BGH 11, 79).

Ich räume ein, das hat den Sexappeal von „Fun with flags“. Das ändert aber nichts daran, dass mich diese Stelle immer wieder zum Schmunzeln bringt.

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