Weitere Einschränkungen beim Deal – Pflicht zur Negativmitteilung

Der Deal im Strafprozess war schon immer höchst umstritten. Erst Anfang letzten Jahres billigte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Absprachen im Strafverfahren, die zuvor ihren Weg in die Strafprozessordnung gefunden hatten. Das BVerfG forderte jedoch auch eine strenge Einhaltung der gesetzlichen Regelungen, um den bis dahin regelrecht wild gewordenen Handel mit Geständnissen und Strafmilderungen unter Kontrolle zu bringen.

Eine der gesetzlichen Regeln zur Absprache beinhaltet beispielsweise, dass das Gericht zu Beginn der Hauptverhandlung mitteilen muss, ob Gespräche über die Möglichkeit einer Verständigung stattgefunden haben. Nach zwei neuen Entscheidungen des BVerfG vom 26.08.2014 – 2 BvR 2400/13 und 2 BvR 2172/13 erfordert dies auch eine Negativmitteilungspflicht. Das Prozessgericht muss also zu Beginn der Verhandlung mitteilen, dass keine Gespräche über eine Verständigung stattgefunden haben. Eine solche Pflicht wurde von den für Strafsachen zuständigen Kammern des Bundesgerichtshofes bisher abgelehnt – unter Verstoß gegen das Willkürverbot, wie das BVerfG nun urteilte. Die Auslegung des § 243 Abs. 4 StPO verstoße in unvertretbarer und damit objektiv willkürlicher Weise gegen den eindeutigen objektivierten Willen des Gesetzgebers.

§ 243 Abs. 4 StPO lautet wie folgt:

Der Vorsitzende teilt mit, ob Erörterungen nach den §§ 202a, 212 stattgefunden haben, wenn deren Gegenstand die Möglichkeit einer Verständigung (§ 257c) gewesen ist und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt.

Eine Norm, die nach Ansicht des BVerfG sprachlich wenig geglückt ist und auf den ersten Blick mehrdeutig erscheint. Aus der Formulierung „und wenn ja, deren wesentlichen Inhalt“ lasse sich jedoch auf das Bestehen einer Negativmitteilungspflicht schließen. Andernfalls sei der Zusatz „und wenn ja“ nicht notwendig gewesen. Auch im Hinblick auf die Gesetzesmaterialien sah das BVerfG es als belegt an, dass der Gesetzgeber eine Negativmitteilungspflicht einführen wollte, weil der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf eine abweichende Fassung des § 243 Abs. 4 S. 1 StPO vorgeschlagen hatte. Diese wurde jedoch nicht Gesetz. Darüber hinaus sei Sinn und Zweck des Verständigungsgesetzes die Schaffung einer umfassenden Transparenz in Bezug auf Verständigungen, was ebenfalls für eine Negativmitteilungspflicht spreche.

Die Entscheidungen im Volltext: 1 und 2

Steffen Dietrich, Rechtsanwalt

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Eine Antwort

  1. Das Gewohnheitsrecht der Strafrichter an AGs wird dadurch nicht geändert.

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