Nicht jeder Erfolg wird zugerechnet – Einfuhr von Drogen?

Am Ende des Jahres soll eine materiell rechtlich interessante Entscheidung des BGH vom Anfang des Jahres besprochen werden.

In seiner Entscheidung vom 15.02.2011 – 1 StR 676/10 – musste sich der BGH mit der Frage auseinandersetzten, welcher Erfolg einem Beschuldigten zugerechnet werden kann.

Der Entscheidung lag zu Grunde, dass der Angeklagte (A) in Venezuela ca. 500 Gramm Kokain bestellt hatte, die auf dem Postwege nach Deutschland geschickt werden sollten. Hierbei hatte er das Kokain zur Tarnung in eine Wanduhr einarbeiten lassen. Weiterhin war das Paket an seine Mutter adressiert. Die Drogen sollten in Deutschland weiterverkauft werden.

In England wurden durch die dortigen Zollbehörden die Drogen aufgefunden. Nach Absprache mit den deutschen Zollbehörden wurden die Drogen versiegelt nach Deutschland gebracht und den deutschen Zollbehörden übergeben. Der A bekam – wie beabsichtigt – die Drogen nicht mehr ausgehändigt.

Das Landgericht München hatte A insbesondere wegen vollendeter Einfuhr von Drogen in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 8 Jahren verurteilt.

Was könnte an der Entscheidung des Landgerichts München falsch sein?

Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Einfuhr von Drogen gem. § 29 BtmG kein eigenständiges Verbringen der Betäubungsmittel nach Deutschland voraussetzt. Täter ist auch derjenige, der sich Betäubungsmittel aus dem Ausland mit der Post schicken lässt.

A hatte sich die Drogen schicken lassen und ist somit Täter.

Die Einfuhr von Betäubungsmitteln ist in dem Moment vollendet, sobald die Drogen aus dem Ausland über die Grenze in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland verbracht werden.

Die Drogen haben die Deutsche Grenze überschritten und wurden somit aus dem Ausland nach Deutschland eingeführt.

Problematisch ist, dass die Drogen bereits durch den britischen Zoll festgestellt worden sind und dann nach Absprache mit den deutschen Zollbehörden versiegelt nach Deutschland gebracht und unmittelbar nach dem Eintreffen in Deutschland den deutschen Behörden übergeben worden sind. Dem A wurden die Drogen nicht übergeben.

Diese Art der Einfuhr entsprach nicht den Vorstellungen des A. Dieser wollte gerade nicht, dass die Betäubungsmittel durch Zollbehörden nach Deutschland eingeführt werden.

Verortet wird das Problem im subjektiven Tatbestand bei § 16 StGB. Nach § 16 StGB handelt nicht vorsätzlich, wer bei der Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört.

Zu den relevanten Umständen gehört auch der Kausalverlauf.

Es könnte sich um eine wesentliche, den Vorsatz ausschließende Abweichung des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf handeln.

Nach dem BGH liegt eine wesentliche Abweichung vor, wenn die Abweichung sich nicht mehr in den Grenzen des nach der allgemeinen Lebenserfahrung Voraussehbaren hält und aufgrund eines insoweit veränderten Unrechtsgehalt eine andere rechtliche Bewertung der Tat erfordert.

Das LG München ging davon aus, dass sich die Abweichung innerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung befunden hat. A wollte, dass die Drogen nach Deutschland gebracht werden und die Drogen sind zum Schluss tatsächlich in Deutschland angekommen. Vergleichbar mit Drogengeschäften, die von der Polizei mittels Observation überwacht werden, lag nach Auffassung des LG München eine vollendete Tat vor.

Dieser Argumentation schloss sich der BGH nicht an.

Nach Auffassung des BGH wurde durch den bewachten Weitertransport eine neue, vom ursprünglichen Tatentschluss unabhängige Kausalkette in Gang gesetzt.

Das Landgericht München hat in seiner Entscheidung übersehen, dass die geplante Einfuhr der Drogen in dem Moment gescheitert war, als das Kokain im Einvernehmen der britischen und deutschen Zollbehörden nach Deutschland gebracht worden ist. Im Gegensatz zu den Fällen, in den denen die Polizei Drogengeschäfte lediglich überwacht, bestand vorliegend nicht einmal die abstrakte Gefahr, dass die Drogen in die Hände von Unbefugten hätten fallen können.

Diese neue Kausalkette war für A auch nicht vorhersehbar.

Das Vorgehen der Behörden entsprach eindeutig nicht dem Willen des A. A hatte zunächst Maßnahmen getroffen, die ein Entdecken verhindern sollten. Hierzu zählte insbesondere, dass das Kokain in eine Wanduhr eingearbeitet und das Paket an seine (unauffällige) Mutter adressiert gewesen ist. A wollte nicht, dass die Drogen nach einem Entdecken der ausländischen Zollbehörden weiterhin nach Deutschland verbracht werden. Vielmehr hätten die Drogen bereits durch die britischen Behörden beschlagnahmt werden können. A musste nicht damit rechnen, dass die Drogen aus ermittlungstaktischen Erwägungen nach Deutschland eingeführt werden.

Deshalb scheidet eine Bestrafung wegen vollendeter Einfuhr von Betäubungsmitteln aus.

Selbstverständlich liegt aber eine Versuchsstrafbarkeit vor.

Da die Drogen auch weiterverkauft werden sollten, kommt auch ein vollendetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Betracht.

Rechtsanwalt Dietrich, Fachanwalt für Strafrecht

www.verteidiger-berlin.info

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Eine Antwort

  1. whounderstandslawyertalkin sagt:

    Ein Skandal, wenn man bedenkt, dass es ein Betäubungsmittelgesetz garnicht geben dürfte. Welcher Art und wie viel, an Betäubungsmitteln jeder privat für sich konsumiert ist Privatsache. Der Staat hat sich dort nicht einzumischen. Das geht dem Staat nichts an. Wenn jemand zu viel Alkohl trinkt, mischt sich der Staat auch nicht ein. Der Staat misst hier mit zweierlei Maß. Ein handfester Skandal, der nur aus einem Grund aufrecht erhalten bleibt. Bestimmte Lobbygruppen sind daran interessiert, daß mit bestimmten Drogen kein Geld verdient wird. Z.b Hanf. Der Rohstoff Hanf, soll besser sein als jede Baumwolle zur Kleidungs oder Papiersherstellung und im Verdacht stehen, Krebs zu heilen. Ein Greul für die Pharmaindustrie.

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