Freispruch zweiter Klasse

Ach herrje, da sah ich in einem Bericht über den Schadensersatzprozess von Jörg Kachelmann gegen seine Ex-Geliebte die üblichen Verdächtigen – „vormittags passt bei mir immer“ – vor dem Gericht herumstehen, in der Hoffnung, jemand möge ihnen alsbald ein Mikrofon vor die Nase und eine allgemeinplatzende Frage à la „Wie fühlen Sie sich angesichts … (Tom Hanks Dolmetscher würde hier ein „bla bla, das müssen Sie nicht wissen…“ einfügen)?“ stellen.

Gesagt, getan. Es war dann an Herrn Ulrich Warncke, der für den Weißen Ring folgende Worte in die Fernsehmikrofone sprach:

Herr Kachelmann versucht hier, seinen Freispruch zweiter Klasse aufzuwerten, indem er Schadensersatz fordert. Er versucht nachträglich, die ganze Geschichte zulasten des Opfers zu klittern, wie er es ja in seinem Buch auch schon versucht hat.

Mir kamen prompt drei Gedanken:

1) Klittern? Der Duden sagt:

klittern:
(bildungssprachlich abwertend) (ein Werk) zusammenstückeln
(bildungssprachlich abwertend) etwas [aus dem Zusammenhang reißen und] verfälschend wiedergeben

Hier wird weder gerissen noch gestückelt. Klittern passt nicht (immerhin ist’s bildungssprachlich). Aber gut.

2) Freispruch zweiter Klasse?

Hier musste ich die StPO bemühen. Ein Freispruch zweiter Klasse war mir bislang nicht untergekommen. Doch siehe da:

§ 267 StPO

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte die Tat nicht begangen hat (Freispruch erster Klasse) oder ob sie ihm nicht nachgewiesen werden konnte (Freispruch zweiter Klasse).*

Diese Definition im Gesetz nennt man übrigens Legaldefinition.

3) Opfer?

Das ist äußerst haarig. Wo kein Täter, da kein Opfer. Ein Täter ist, der Unschuldsvermutung sei gedankt, jedoch nur ein rechtskräftig Verurteilter. Da dieser in casu fehlt, ist die Ex-Geliebte kein Opfer. Könnte man abmahnen? Das hat RA Höcker auch so gesehen und zum Selbstkostenpreis ein Brieflein verfasst. Die Antwort kam prompt und lässt sich unter anderem hier nachlesen.

Konstantin Stern

*Das ist natürlich ein Witz. Freispruch ist Freispruch. Es ist nicht die Bahn.

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5 Antworten

  1. Miraculix sagt:

    @Konstantin Stern

    Stimmt, das muss man aber dazuschreiben …

  2. Das ist Korrekt. Achten Sie auf das Sternchen im Text! 😉

  3. den Scherz-Absatz 5 von § 267 StPO hatte ich zuerst ohne Sternchen gelesen und dachte, dass kann doch nicht wahr sein!

    Gott sei Dank war es das auch nicht….

  4. Miraculix sagt:

    Die von Ihnen vorgetragene Legaldefinition fehlt im Gesetzestext…

  1. 11. September 2013

    […] Strafrechtsblogger hat hier scherzhaft eine mögliche Legaldefinition des Freispruchs 2. Klasse […]

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