Einfach ‚unfassbar‘ – Diebstahl virtuellen Geldes

 

Tobias Kreher

Ein Gastbeitrag von Tobias Kreher, Student in Berlin:

Das Bild des Diebstahls gemäß § 242 StGB ist geprägt durch die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache. Ein Diebstahl liegt also typischerweise vor, wenn man in die Kasse greift und das darin befindliche Geld herausnimmt. Man hält das Geld dann tatsächlich in den Händen und kann es mitnehmen.

Schwieriger wird es, wenn das Geld überhaupt nicht greifbar ist, weil es sich um virtuelles Geld handelt. Es ist in der heutigen Zeit völlig normal, dass Transaktionen und andere Geldgeschäfte nur noch virtuell erfolgen, also ohne tatsächlich erfolgende reale Übergabe des Geldes. Das geht nämlich erheblich schneller.

Aber liegt dann überhaupt noch ein Diebstahl vor, wenn solch virtuelles Geld entwendet wird, das man tatsächlich nie in den Händen gehalten hat?

Die japanische Polizei geht ganz selbstverständlich davon aus und ermittelt zurzeit wegen Diebstahls von mehreren tausend virtuellen Bitcoins. Hacker hatten sich illegal Zugang zu der Bitcoin-Börse Mtgox verschafft und so schätzungsweise 850.000 dieser Bitcoins abgezweigt.

Nach dem deutschen Strafrecht ist es hingegen fraglich, ob der Tatbestand des Diebstahls gemäß § 242 StGB tatsächlich erfüllt wäre. Denn das Gesetz schreibt eindeutig vor, dass wegen Diebstahls bestraft wird, wer

„eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen.“

Es muss also eine Sache weggenommen werden. Unter einer Sache im Sinne dieses Gesetzes wird regelmäßig jeder körperliche Gegenstand verstanden, vergleichbar mit § 90 BGB. Dieser Gegenstand muss also zumindest irgendwie fassbar sein, wobei es nicht auf den Aggregatzustand ankommt. Vom Sachbegriff werden auch Flüssigkeiten und Gase erfasst, nicht aber virtuelle Daten als solche.

Um den digitalen Veränderungen und den modernen Herausforderungen trotzdem auch strafrechtlich gerecht zu werden, hat der Gesetzgeber bereits einige Vorschriften geschaffen, die explizit Daten als solche schützen, beispielsweise § 202a bis 202c StGB. Diese stehen gesetzessystematisch jedoch in dem Abschnitt „Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs“, nicht beim Abschnitt „Diebstahl und Unterschlagung“. Das deutet daraufhin, dass auch der Gesetzgeber Daten nicht als Sache bewertet. Und auch für die Entziehung elektrischer Energie, die ebenso keine Sache darstellt, wurde ein eigener Paragraph geschaffen, § 248c StGB.

Daher erfüllt das Entwenden von Daten in Form virtueller Währung wohl mangels Sacheigenschaft des virtuellen Geldes nicht den Tatbestand des Diebstahls gemäß § 242 StGB.

Möglicherweise bekommt die japanische Polizei mit moderner Technik die Diebe und die Bitcoins doch noch zu fassen.

www.strafverteidiger-diebstahl.de

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Eine Antwort

  1. Wer kennt schon den § 242 des japanischen StGB?

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