Kategorie: Urteil- und Entscheidungsbesprechung

Eine Erhöhung des Entdeckungsrisikos schließt die Freiwilligkeit bei einem Rücktritt grundsätzlich nicht aus

Als persönlicher Strafaufhebungsgrund stellt der Rücktritt gemäß § 24 StGB eine Möglichkeit dar, die bereits eingetretene Strafbarkeit wegen einer rechtswidrig und schuldhaft versuchten Straftat rückwirkend wieder aufzuheben. Bei einem Rücktritt vom Versuch wird gemäß § 24 Abs. 1 StGB nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder sich freiwillig und ernsthaft bemüht den Erfolgseintritt der Tat zu verhindern.  Eine ausschlaggebende Voraussetzung ist hierbei, dass der Täter sich freiwillig, also aus autonomen Gründen dazu entscheidet, zurückzutreten. Ein Täter darf mithin nicht durch eine äußere Zwangslage oder inneren seelischen Druck dazu bestimmt werden, die weitere Ausführung der Tat zu...

Machen sich JVA – Beamte wegen fahrlässiger Tötung strafbar, wenn sie einem Gefangenen den Freigang gewähren und dieser einen Mord begeht?

Das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. November 2019 (2 StR 557/18) ist vor allem für Examenskandidaten und Studenten von enormer Relevanz, da es sowohl die äußerst beliebte Problematik der Strafbarkeit wegen Mordes in den sog. „Raser- Fällen“ als auch die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung behandelt. In dem vorliegenden Fall genehmigten die zuständigen Justizvollzugsbeamten einem Strafgefangenen den offenen Vollzug sowie den Freigang. Während diesem Freigang beging der Häftling mehrere Straftaten. Obwohl ihm der Freigang nur unter der Auflage, kein Fahrzeug zu führen, gewährt wurde, führte er dennoch ohne Fahrerlaubnis ein Fahrzeug. Als er in eine Polizeikontrolle geriet, flüchtete er. Bei...

Keine Beteiligung bei bloßer Kenntnis von einer Straftat

Immer wieder befassen sich die Gerichte mit der Frage, ab wann die Kenntnis und das Billigen der Straftat eines anderen für den Mitwissenden strafrechtlich relevant werden. Fest steht: Allein die Kenntnis von einer Straftat begründet keine Beihilfe zu dieser. Anders ist es jedoch, wenn der Mitwissende den Täter durch einen Beitrag zur Tat irgendwie fördert und unterstützt, auch wenn es sich lediglich um eine psychische Unterstützung handelt. Die Abgrenzung zwischen Beteiligung und strafloser Mitwisserschaft gelingt Gerichten nicht immer, wie eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 18. Juni 2019 – 5 StR 51/19 zeigt. Hintergrund der Entscheidung war folgender Sachverhalt:...

Keine vollendete Hehlerei beim Verkauf eines Autos an einen nicht öffentlich ermittelnden Polizeibeamten

Der Tatbestand der Hehlerei setzt seit einer Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofes (BGH) voraus, dass die Bemühungen, eine rechtswidrig erlangte Sache abzusetzen, erfolgreich sein müssen. Damit hat sich der BGH Stimmen in der Literatur angeschlossen, die in der bis dahin geltenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Aushebelung der Versuchsstrafbarkeit gesehen haben. Dass nicht bei jedem Verkauf einer rechtswidrigen Sache automatisch ein Absatzerfolg – mit der Folge der Vollendung der Tat – eintritt, zeigt eine aktuelle Entscheidung des BGH vom 3. Mai 2019 – 3 StR 520/18. Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob die rechtswidrige Besitzlage durch die Absatzbemühungen tatsächlich aufrechterhalten wurde. In...

Warum das Beobachten einer Körperverletzung nicht immer eine strafbare Beihilfe ist

Vor dem Landgericht Berlin mussten sich im letzten Jahr die Eltern eines behinderten Kindes verantworten, weil sie ihr Kind zu heiß gebadet und ihm dadurch Verbrennungen zugeführt haben sollen. Das Landgericht Berlin sah das Geschehen als erwiesen an und verurteilte die Angeklagten Eltern jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Die Strafen setzte es zur Bewährung aus. Die Angeklagten haben gegen das Urteil Revision eingelegt, über die der Bundesgerichtshof kürzlich entschieden hat. Mit Beschluss vom 5. Juni 2019 – 5 StR 181/19 hob der BGH das Urteil des Landgerichts wegen Rechtsfehlern vollumfänglich auf. Das...

Verstöße gegen das Waffengesetz beim Einsatz einer Schusswaffe aus Notwehr

Das Notwehrrecht erlaubt eine umfangreiche Verteidigung. Selbst der Einsatz einer Schusswaffe kann unter strengen Voraussetzungen durch Notwehr gerechtfertigt sein. Wenn der Einsatz einer Schusswaffe gerechtfertigt war, führt das allerdings nicht immer zur vollständigen Straflosigkeit. Denn der Einsatz einer Schusswaffe kann einen Verstoß gegen das Waffengesetz darstellen. Wann trotz Notwehr eine Strafbarkeit wegen Verstößen gegen das Waffengesetz in Betracht kommt, hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Az. 3 StR 400/18). Der Angeklagte hatte sich mit dem Nebenkläger in seinen Geschäftsräumen verabredet, um bestehende Streitigkeiten zu klären. Da er damit rechnete, dass der Nebenkläger bewaffnet erscheinen würde, nahm der Angeklagte etwa eine Stunde...

Wenn der Angeklagte seine Revision ohne Rücksprache mit seinem Verteidiger zurücknimmt

Es gibt immer wieder Fälle, in denen man sich wünscht, der Mandant hätte lieber nichts gemacht oder gesagt. Dass muss sich auch der Verteidiger gedacht haben, der seinen Mandanten in einem Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung vertreten hat. Ohne Absprache mit seinem Verteidiger hatte der Mandant die Revision gegen seine Verurteilung zurückgenommen – rechtswirksam, wie der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 2. Juli 2019 (2 StR 570/18) entschieden hat. Der Angeklagte war vom Landgericht Aachen wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Gegen das Urteil legte der Verteidiger des Angeklagten Revision ein und begründete diese...