Kategorie: Urteil- und Entscheidungsbesprechung

Gewaltanwendung mit darauffolgendem Entschluss zur Wegnahme – Raub?

Um einen Raub gemäß § 249 Strafgesetzbuch (StGB) annehmen zu können, müssen verschiedene Voraussetzungen vorliegen. Zum einen muss eine fremde, bewegliche Sache weggenommen werden. Außerdem muss eine qualifizierte Nötigungshandlung (Gewalt gegen eine Person oder Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben) gegeben sein. Ganz entscheidend ist, dass diese zwei Kriterien einen Finalzusammenhang haben müssen. Die Wegnahme muss also durch die qualifizierte Nötigungshandlung geschehen sein. Mit der finalen Verknüpfung zwischen Wegnahme und Nötigungshandlung musste sich der Bundesgerichtshof (6 StR 298/21) in seinem Beschluss vom 14. Juli 2021 genauer beschäftigen. Im vorliegenden Sachverhalt befanden sich der Angeklagte und der Nebenkläger...

Stellt der sexuelle Missbrauch des Stiefenkels einen sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen dar?

Der § 174 Strafgesetzbuch (StGB) regelt den sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen und soll Jugendliche vor sexuellen Übergriffen in ihrem engsten sozialen und verwandtschaftlichen Umfeld schützen. In § 174 Abs. 1 StGB werden unter den drei Nummern verschiedene Personengruppen geschützt. Hierzu zählen unter anderem die in Nummer 3 genannten Personen unter achtzehn, die leiblicher oder rechtlicher Abkömmling des Täters sind oder der seines Ehegatten, Lebenspartners oder einer Person, mit der der Täter in eheähnlicher oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft lebt. In seinem Beschluss vom 22. Juni 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (2 StR 131/21) damit auseinandersetzen, wer genau von diesem Personenkreis umfasst ist....

Der Einfluss von Alkohol auf die Strafe

Alkohol kann der Bestrafung durch die §§ 20, 21 Strafgesetzbuch (StGB) entgegenstehen. Durch diese kann es zu einer Schuldunfähigkeit gemäß § 20 StGB oder einer verminderten Schuldunfähigkeit nach § 21 StGB kommen. Aber auch schon bei der Frage nach dem Vorsatz kann es nötig sein, die Alkoholisierung in die Feststellungen miteinzubeziehen. Vor allem bei der Abgrenzung von bedingtem Vorsatz zur Fahrlässigkeit kann der Alkohol manchmal ein entscheidendes Kriterium sein. Mit der Alkoholisierung als möglichen vorsatzkritischen Umstand musste sich der Bundesgerichtshof (1 StR 222/21) in seiner Entscheidung vom 11. August 2021 beschäftigen. Im vorliegenden, dem Beschluss des Bundesgerichtshofes zugrunde liegenden Sachverhalt...

Bedingter Tötungsvorsatz bei Schnitten in den Halsbereich

Die Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit ist besonders in Strafrechtsklausuren des allgemeinen Teils ein gern abgeprüftes Problem, da sich dies oftmals als sehr knifflig herausstellen kann. Wichtig für die Abgrenzung sind das intellektuelle Element und das voluntative Element (Wissens- und Willenselement), welche sich in jeder Form des Vorsatzes und der Fahrlässigkeit unterscheiden. Mit bedingtem Vorsatz handelt derjenige, der den Erfolg für möglich hält und diesen billigend in Kauf nimmt. Bei der bewussten Fahrlässigkeit hält der Täter den Erfolg für möglich, hofft jedoch auf ein Ausbleiben des Erfolges. Mit dieser Abgrenzung musste sich auch der Bundesgerichtshof (5 StR 500/20)...

Ehrenkodex als niedriger Beweggrund

Damit aus einem Totschlag ein Mord im Sinne des § 211 StGB wird, muss ein Mordmerkmal vorliegen. Diese kann man in drei Gruppen unterteilen: Mordmerkmale mit einem verwerflichen Motiv, die mit einer verwerflichen Tatausführung und zuletzt welche, die einen verwerflichen Zweck verfolgen. Eines dieser Mordmerkmale sind die sonstigen niedrigen Beweggründe, die zur ersten Gruppe gehören. Unter diesen versteht man Motive, die nach rechtlich-moralischer Wertung auf tiefster Stufe stehen und als besonders verachtenswert anzusehen sind. Beispiele könnten die Eifersucht oder menschenverachtende Ansichten sein. In seinem Beschluss vom 20. Mai 2021 musste sich der Bundesgerichtshof (6 StR 142/20) damit auseinandersetzen, ob auch...

Rache durch Anzünden von Jagdhochsitzen – Brandstiftung?

In strafrechtlichen Klausuren sowie in der Praxis begegnen einem Sachverhalte der Brandstiftung gewiss häufig. So macht sich gem. § 306 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar, wer fremde Gebäude oder Hütten in Brand setzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört. Dieses Verhalten wird mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren geahndet und stellt mithin ein Verbrechen i.S.d. § 12 Abs. 1 StGB dar. Es kann im Rahmen der Brandstiftungsdelikte freilich immer wieder zu Problemen hinsichtlich der Subsumtion von bestimmten Tatobjekten unter den in § 306 StGB aufgeführten Objekten kommen. In seinem Urteil vom 08....

Verbotenes „Alleinrennen“ – Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge

Nach einer Begehungsvariante des § 315d Abs. 1 Nr. 3 Strafgesetzbuch (StGB) macht sich strafbar, wer sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos im Straßenverkehr fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen. Dieses Verhalten wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe geahndet. Sofern dabei Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet werden, so verschärft sich die Strafe gem. § 315d Abs. 2 StGB auf eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe. Falls der Täter dabei den Tod oder eine schwere Gesundheitsschädigung...