Kategorie: Rechtsgebiete Strafrecht

Tötung nach Misshandlungen eines Kindes – Totschlag oder Mord aus niedrigen Beweggründen?

Was ist unter einem Mord aus niedrigen Beweggründen zu verstehen? Da der Begriff zuerst sehr breitgefächert wirkt, muss dieses Mordmerkmal weiter eingegrenzt werden. Es kommt in vielen Fällen in Betracht, doch musst zuerst eine umfassende Gesamtwürdigung vorgenommen werden, um einen Mord aus niedrigen Beweggründen feststellen zu können. Beweggründe sind dann niedrig, wenn sie nach allgemeiner sittlicher Wertung auf tiefster Stufe stehen und deshalb besonders verachtenswert sind. Die bereits erwähnte Gesamtwürdigung muss sowohl alle äußeren als auch alle inneren für die Handlungsantriebe des Täters maßgebliche Faktoren berücksichtigen.            Der Mord aus niedrigen Beweggründen war auch Mittelpunkt des Beschlusses des Bundesgerichtshofes (1 StR...

Verhandlung über Jugendstrafsache – Journalist als Anwesender?

Verhandlungen im Strafrecht sind gemäß § 169 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) grundsätzlich öffentlich abzuhalten. Auch unbeteiligte Bürgen können daher an einer Gerichtsverhandlung teilnehmen.  Dadurch sollen Gerichte kontrolliert werden und den Menschen die Möglichkeit gegeben werden, sich von der Rechtmäßigkeit des Rechtsfindungsprozesses überzeugen zu können. Anders ist diese Vorgehensweise im Jugendstrafrecht geregelt. „Die Verhandlungen vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Entscheidung ist nicht öffentlich“, heißt es im § 48 Jugendgerichtsgesetz (JGG). Diese Vorschrift dient dem Schutz der Jugendlichen. Mit einer Ausnahme dieser Vorschrift hat sich der Bundesgerichtshof (5 StR 205/23) in seinem Beschluss vom 18. August 2023 beschäftigt. Der Bundesgerichtshof setzte...

Schlafmittel für Erwachsene dem eigenen Kind injiziert – Versuchter Mord?

Wer den Eintritt des Todes als mögliche Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und billigend in Kauf nimmt (Willenselement) handelt mit bedingtem Tötungsvorsatz. Bei eine hohen und anschaulichen Lebensgefährlichkeit der Tatausführung, ohne dass der Täter tatsachenbasiert auf einen glücklichen Ausgang vertrauen kann, liegt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes nahe. Wie in anderen Fällen mit dem bedingtem Tötungsvorsatz umzugehen ist, stellte der Bundesgerichtshof (5 StR 28/22) in seinem Beschluss vom 10. Mai 2022 klar. Bei der Angeklagten handelte es sich um die Mutter der Geschädigten, die zur Zeit der Tat in einem Kinderkrankenhaus lag. Die Angeklagte, die als...

Ladendiebstahl mit Messerangriff – Freiwilliger Rücktritt

Der Versuch und der Rücktritt sind zwei Themen, die einem immer mal wieder in einer Strafrechtsklausur begegnen können und regelmäßig Probleme mit sich bringen. Wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt, wird nach § 24 Abs. 1 S. 1 StGB nicht wegen Versuchs bestraft. Ein fehlgeschlagener Versuch liegt dahingegen nach Auffassung des Bundesgerichtshofes dann vor, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann, ohne dass eine ganz neue Handlung- und Kausalkette in Gang gesetzt werden muss, und der Täter dies erkennt, oder wenn er...

Die Schwere der Schuld im Jugendstrafrecht beim Überfall einer 91-jährigen

Das Jugendstrafrecht wird in den Strafrechtsvorlesungen der ersten vier Semester des Jura-Studiums nicht behandelt. Doch wer besonders am Strafrecht Interesse hat, kann an vielen Universitäten einen Kurs zum Jugendstrafrecht im Schwerpunktstudium belegen. Dabei steht vor allem das Jugendgerichtsgesetz (JGG) im Vordergrund, welches besondere Sanktionen und Verfahrensvorschriften für Jugendliche enthält. Auch der § 17 JGG spielt dabei eine entscheidende Rolle. Dieser regelt die Jugendstrafe, die höchste Sanktion im Jugendstrafrecht. Verhängt wird sie entweder beim Vorliegen schädlicher Neigungen oder wegen der Schwere der Schuld. Wann die Schwere der Schuld festzustellen ist, musste der Bundesgerichtshof (2 StR 122/23) in seinem Beschluss vom 2....

Räuberische Erpressung im Imbiss – Schraubendreher als gefährliches Werkzeug?

Um sich wegen Erpressung nach § 253 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar zu machen, muss durch eine Nötigung ein Vermögensschaden beim Geschädigten herbeigeführt werden. Qualifikation dazu ist die räuberische Erpressung gem. § 255 StGB. Dafür muss ein qualifiziertes Nötigungsmittel verwendet werden. Dieses liegt vor, wenn die Gewalt gegen eine Person gerichtet wird oder wenn mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben gedroht wird. Wer den Straftatbestand der räuberischen Erpressung nach § 255 StGB erfüllt, ist gleich einem Räuber zu bestrafen, weshalb auch die Vorschriften zum schweren Raub und zum Raub mit Todesfolge (§§ 250, 251 StGB) anzuwenden sind. Wann beim Raub bzw....

Straßenblockade durch Klima-Kleber – Rechtfertigung

Straßenblockaden führen regelmäßig zu einer Verurteilung wegen Nötigung nach § 240 StGB. So wurden auch bereits unzählige Prozesse gegen Klimaaktivisten geführt, wobei im Einzelfall entschieden werden muss, ob es sich bei der durchgeführten Blockade um eine Nötigung gemäß § 240 StGB handelt. Nach § 240 StGB macht sich strafbar, „wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt“. Ob eine Straßenblockade durch Klimaaktivisten gerechtfertigt ist, hat das Bayrische oberste Landesgericht (205 StRR 63/23) in seinem Beschluss vom 21. April 2023 entschieden. Der Angeklagte wurde wegen Nötigung schuldig gesprochen, nachdem...